Es ist das Denkmal auf der Anhöhe von Vimy, das an die gleichnamige Schlacht im Ersten Weltkrieg erinnert. Die Schlacht begann am 9. April 1917 und ging als Battle of Vimy Ridge in die kanadische Geschichtsschreibung ein. Im Rest der Welt ist sie eher unbekannt oder wird als Teil der Offensive von Arras wahrgenommen.
Doch in Kanada wurde die Schlacht immer weiter mystifiziert und in die Gründungsgeschichte der Nation eingeflochten. Daher befindet sich auf der aktuellen kanadischen 20 Dollar Note ein Bild des Denkmals in Nordfrankreich. Auch im kanadischen Reisepass ist es auf den Seiten 22 und 23 abgebildet. Doch wie kommt eine Schlacht in das Kollektivgedächtnis einer Nation?
Kurz nach der Offensive äußerte Brigade General Alexander Ross den heute gern zitierten Satz:
Dieses Zitat soll als Beleg für die immense Bedeutung der Schlacht für das damals sehr junge Kanada dienen. Dieses Zitat mag Ross zwar so geäußert haben, doch war es damals lediglich sein persönlicher Kommentar zur Schlacht. Sie wurde natürlich auch von vielen anderen Militärs kommentiert. Fälschlicherweise wird das Zitat auch oft Arthur Edward Ross zugeschrieben. Ein weiterer Beleg für die Unzuverlässigkeit von Zitaten.
Fakt ist, dass es die erste Schlacht war, in der alle vier rein kanadischen Einheiten der Expeditionstruppen des British Empire kämpften. Diese Konstellation kam jedoch pragmatisch zustande: Die vorher hier stationierten Franzosen waren im dritten Kriegsjahr ausgeblutet und es wurden frische Einheiten benötigt.
Die Schlacht war zwar siegreich, doch durch hohe Verluste erkauft. Einen Monat nach der Schlacht wurde in Kanada ein Gesetzentwurf erarbeitet, um die Wehrpflicht einzuführen. Die Einführung der Wehrpflicht führte zu einer Krise und zu einer Spaltung des Landes. Im franko-kanadischen Québec gab es blutige Straßenschlachten.
Unter den Soldaten, die vor Einführung der Wehrpflicht kämpften (und damit in der Schlacht von Vimy) überwogen stark ausgewanderte Briten und deren Nachfahren in erster Generation. Natives und Franko-Kanadier kämpften kaum freiwillig in der Armee des British Empire. Also welche Nation wurde dort, wenn überhaupt, geboren? Eine Nation exklusiv für Anglo-Kanadier. Es zeigt sich das für Nationen typische Bild der Aus- und Abgrenzung. Zur kritischen Betrachtung des Vimy Mythos erschien letztes Jahr das Buch „The Vimy Trap Or, how We Learned to Stop Worrying and Love the Great War” in Kanada.
Warum schreibe ich das hier?
Ich reise zur Gedenkfeier anlässlich des 100. Jahrestages der Schlacht und werde von dort berichten. Entsprechend der beigemessenen Bedeutung der Schlacht, ziehen die Kanadier die Feierlichkeit sehr groß auf. Es werden 30.000 Gäste erwartet, darunter u.a. Justin Trudeau, Prince Charles, Prince Harry und François Hollande. In Arras wird zeitgleich, in einem viel kleinerem Rahmen, an die schottische Beteiligung an der Offensive gedacht.
Das Denkmal liegt auf einem 100 Hektar großen Gelände, das Frankreich dem Staat Kanada aus Dankbarkeit für deren Einsatz im Ersten Weltkrieg geschenkt hat. Auf dem Denkmal sind die Namen von 11.285 vermissten Soldaten eingraviert. Ich war dort bereits letzten Sommer auf Uni Exkursion.
Eine Besonderheit des Denkmals, ist die sehr unmilitaristische Gestaltung und der Verzicht auf die Darstellung von Waffen. Diese Gestaltung fiel 1940 auch Adolf Hitler auf. Er besichtigte es öffentlichkeitswirksam und betonte den Friedensaspekt. Er lies es von der Waffen-SS bewachen und bewahrte es so vor der Zerstörung durch andere deutsche Truppen. Viele andere Denkmäler des Ersten Weltkrieges wurden während der deutschen Besatzung zerstört.