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5 sehenswerte Filme über die Vielfalt des Gedenkens an den Holocaust

Da ich nächste Woche vom 21. bis zum 25. März zum zweiten Mal in meinem Leben nach Oświęcim bzw. Auschwitz reise, habe ich mich wieder mehr mit dem Thema beschäftigt. Dabei bin ich auf viele neue Filme gestoßen, von denen ich euch fünf ans Herz legen möchte. Natürlich sind auch ältere Filme wie der neunstündige Shoah von Claude Lanzmann oder Pizza in Auschwitz (nur eine Stunde!) sehenswert.

Solltet ihr aber gerade gar keine Zeit und erst Recht keine neun Stunden haben, vertraut mir und schaut zumindest den ersten Film!

Erster Filmtipp: #uploading_holocaust

Der 2016 erschienene Film ist jetzt seit Januar endlich auf Youtube frei verfügbar. Dieses ziemlich coole Projekt hat keinerlei neues Material gedreht, sondern auf Youtube vorhandene Filme gesammelt und zusammengeschnitten. Das Material stammt von israelischen Schulklassen, die eine staatlich geförderte „Reise nach Polen“ unternommen haben. Diese Reise unternehmen jedes Jahr 30.000 israelische Schüler*innen zusammen mit ihren Lehrer*innen. So entstanden über die Jahre ca. 20.000 Youtube-Clips, die jetzt super spannende Einblicke in die Gefühle und Gedanken der Jugendlichen geben.

Sie fragen eine mit ihnen reisende Überlebende „Warum seid ihr nicht geflohen?“ und bekommen darauf eine seelenruhige, fast schon verständnisvolle, Antwort. Andere Jugendliche diskutieren mit ihren Freunden, dass es sie stört, dass sie beim Besuch der Gedenkstätte Majdanek keine Betroffenheit bei sich spüren.

Zusätzlich zum Film gibt es ein gleichnamiges Online-Bildungsangebot. Hier konnten deutscher Schüler*innen Fragen wie „Haben Israelis immer noch Vorurteile gegen uns?“ stellen und erhielten eine Antwort aus Israel.


Zweiter Filmtipp: Auschwitz: Arbeit und Alltag in der Gedenkstätte | 7 Tage

Diese kurze Doku aus der Reihe „7 Tage“ zeigt sehr schön den alltäglichen Restaurations- und Konservierungsaufwand, der im Staatlichen Museum Auschwitz-Birkenau (polnisch Państwowe Muzeum Auschwitz-Birkenau) betrieben werden muss. Beispielsweise reinigt der Reporter ausgestellte Lederschuhe mit Benzol, um sie vor dem Zerfall zu bewahren. Außerdem zeigt sie den Zwiespalt, in dem die polnische Bevölkerung des Ortes Oświęcim lebt. Größte Schwäche ist allerdings die Fragestellung zur „Erblichkeit von Schuld“. Ich sehe Schuld, als etwas, das man selbst aktiv auf sich laden muss. Junge Menschen der dritten oder vierten Generation nach dem Holocaust können das nicht getan haben. Allerdings tragen sie die große Verantwortung, Ausgrenzung und Verfolgung in Zukunft mit allen Mitteln zu verhindern.

Dritter Filmtipp: Panorama Bericht „Die Lüge von den ahnungslosen Deutschen“

Der älteste Beitrag dieser Auflistung ist schon 2001 ausgestrahlt worden. Ich stieß erst vor einigen Tagen durch Zufall auf dieses schon fast historische Dokument. Aufhänger war damals die Forschung von Robert Gellately, der belegte, dass die nationalsozialistischen Verbrechen in der breiten Bevölkerung keineswegs im Geheimen stattfanden. Stattdessen waren sie allseits bekannt und stießen häufig auf breite Zustimmung. Im Beitrag werden die Anwohner aus der Nachbarschaft Nähe früherer Konzentrationslager (u. a. vom bei Hamburg gelegenen KZ Neuengamme) interviewed. Unter ihnen sind viele Zeitzeug*innen, die schon in der NS-Zeit dort wohnten und häufig sämtliche Erinnerung und Verbrechen leugnen. Auch wird das Kamerateam offen für seine Recherche angefeindet. Dieser Beitrag ist sehr sehenswert, da er den belastenden Konflikt mit Täter*innen und Zuschauer*innen dokumentiert, dem sich Interessierte heute zum Glück kaum noch stellen müssen.

Link zum Beitrag

Vierter Filmtipp: „Ich fahre nach Auschwitz“

Dieser empfehlenswerte Dokumentarfilm befindet sich im großen ARD Themenportal „Auschwitz und ich“. Er protraitiert drei verschiedene deutsche Gruppen, die eine Bildungsreise nach Oświęcim unternehmen. Es wird eine Gruppe junger Polizeianwärter*innen aus Hamburg, eine Gymnasialklasse aus Stadthagen und eine Jugendgruppe aus einem Heim für Betreutes Wohnen in Breisach begleitet. Der Umgang dieser sehr unterschiedlichen Gruppen mit ihren Erlebnissen ist interessant zu beobachten. Besonders wichtig finde ich das Fazit eines Polizeianwärters. Er möchte zukünftig Eingriffe in die Grundrechte besonders stark abwägen, mehr „Mensch bleiben“ und Ermessenspielräume nutzen. Außerdem reflektiert die Polizeigruppe besonders stark die Mitwirkung der Polizeieinheiten am Holocaust.

Fünfter Filmtipp: Die Arte Doku „Rettet Auschwitz!“

Leider ist nur noch das französische Original „Sauver Auschwitz!“ verfügbar. Die deutschsprachige Version wurde leider vor kurzem von Youtube gelöscht. Sie zeigt wunderbar die Orte des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz auf, die von den meisten Reisegruppen nicht besucht werden, obwohl sie von großer Bedeutung sind. Beispielsweise besuchen nur die wenigsten Reisegruppen die alte Rampe von Auschwitz-Birkenau, da sie außerhalb des Gedenkstättengeländes, innerhalb des Ortes Oświęcim liegt. Erst seit dem Frühjahr 1944 führte der Gleisanschluss direkt bis ins Vernichtungslager. Als ich diesen Film sah, wurde mir auch klar, wie schlecht tatsächlich mein erster Besuch in Auschwitz konzipiert war. So vieles wurde nicht thematisiert, z.B. die unterschiedlichen Ausbauphasen des Lagers und, dass die heute sehr markanten Krematorien erst in der Schlussphase des Vernichtungslagers in Betrieb gingen. Generell wurde bei meiner Reise Auschwitz und Auschwitz-Birkenau wenig in den Gesamtkontext des Holocaust eingebettet. Die vorangegangene Aktion Reinhardt, der mindestens 1,8 Millionen Menschen zum Opfer fielen fand ebenso wenig Erwähnung, wie die Massenerschießungen auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion.

 

Ich hoffe dieser Artikel hat euch gefallen und ihr habt euch die Dokumentationen fleißig angeschaut. Welche hat euch am meisten beeindruckt? Sagt es mir in den Kommentaren!

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