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Ausstellungsbesuch: „Massenerschießungen. Der Holocaust zwischen Ostsee und Schwarzem Meer 1941 – 1944“

An jedem Punkt fand eine Massenerschießung mit über 500 Opfern statt

Letzten Samstag habe ich die Chance genutzt die Sonderausstellung „Massenerschießungen. Der Holocaust zwischen Ostsee und Schwarzem Meer 1941 – 1944“ zu sehen. Sie läuft nur noch bis zum 25. Juni 2017 im EL-DE Haus in Köln. Die behandelte Thematik wird in der öffentlichen Wahrnehmung oft vernachlässigt, obwohl ca. 2 Millionen Juden den vielen lokalen Erschießungen zum Opfer fielen. Diese unvorstellbare Dimension stellt gleich zu Beginn eine Karte des Gebiets dar, auf der alle Orte von Erschießungen mit mehr als 500 Opfern eingezeichnet sind.

Die Ausstellung stellt das Vorgehen gegen die Juden von den baltischen Ländern im Norden bis zur Schwarzmeerküste in der Ukraine im Süden dar. Dadurch werden auch Länder wie Weißrussland und östliche Teile Polens, die nicht ins sogenannte

Generalgouvernement eingegliedert wurden, erfasst. Zu Beginn gibt es eine gute Einführung in die Thematik, die dem Laien ermöglicht die Ausstellung zu verstehen.

Mittelpunkt ist die prototypische Darstellung der Verbrechen im Ort Micocz, denn von der dortigen Massenerschießung existieren noch fünf Fotografien. Wer die drastischen Bilder sehen möchte, findet sie in diesem Dokument auf Seite 4. Am Beispiel von Micocz wird die Ausgangslage vor dem Krieg, die Ankunft der deutschen Besatzer, die Massenerschießung und auch die fehlende juristische Aufarbeitung nach dem Krieg dargestellt.

Zusätzlich werden weitere Orte durch Biografien erklärt. Für jeden Ort steht ein persönliches Schicksal im Mittelpunkt. Beispielsweise werden anhand der Biografie von Fjodor Wasiljewitsch Korso die Morde an Psychiatriepatienten im weißrussischen Mahiljou/Mogilew dargestellt. Hier wurde 1941 an den Patienten mit verschiedenen Tötungsmethoden experimentiert. Es wurde in versiegelten Räumen mit Motorabgasen getötet und Menschen wurden mit Handgranaten gesprengt. Unabhängig von den Morden in der Psychiatrie von Mahiljou/Mogilew, war dort vermutlich ein großes Vernichtungslager geplant. Ursprünglich waren 32 Krematoriumsöfen dorthin bestellt, deren Lieferung später storniert und teilweise nach Ausschwitz-Birkenau umgeleitet wurde.

Eine weitere Stele erinnert an das Vernichtungslager Maly Trostinez 10 km südlich von Minsk. Hier wurden ca. 40.000 bis 60.000 Menschen erschossen oder im Gaswagen getötet. Anfangs mussten die Juden vom Güterbahnhof Minsk zu ihrer Erschießungsstätte laufen, später wurde bereits ein eigener Gleisanschluss eingerichtet. Hier starben zwei Juden, die damals in meiner direkten Nachbarschaft lebten.

Die Stolpersteine der Familie Gottschalk in Neuss

Es handelt sich um Hermine und Isaak Gottschalk. Ihre Tochter Martha wurde in Riga ermordet. An sie erinnern heute Stolpersteine auf der Niederstraße 1 in Neuss.

Das letzte Ausstellungskapitel widmet sich der juristischen Aufarbeitung der Hauptverantwortlichen in den Einsatzgruppenprozessen. Für mich neu waren die großen Demonstrationen für Hauptangeklagte in Landsberg. Diese Demonstrationen stimmten auch antisemitische Sprechchöre wie „Juden raus“ an und lieferten sich Auseinandersetzungen mit jüdischen Displaced Persons.

Ich kann den Besuch der Ausstellung absolut empfehlen. Im EL-DE Haus gibt es auch eine sehr gute Dauerausstellung und zwei weitere Sonderausstellungen, die ebenfalls bis zum 25. Juni laufen. Es sind die Audioinstallation “Horchposten 1941″ und eine Ausstellung zum Schicksal russischer Kriegsgefangener während des zweiten Weltkrieges.

Falls du es nicht mehr rechtzeitig nach Köln schaffst, habe ich gute Nachrichten. Die Ausstellung tourt weiter durch Deutschland. Auch ein Stop in Düsseldorf ist geplant.

Alle Informationen zur Ausstellung findet ihr hier.

 

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