Website-Icon Gero Wollgarten

Ausstellungsbesuch: „Ein unendliches Gedenken – Jüdisches Erbe und die Schoah in Ostgalizien“

Blick in die Ausstellung Unendliches Gedenken

Was bleibt übrig, wenn die gesamte Bevölkerung einer florierenden jüdischen Gemeinde ausgelöscht wird? Wie sehen diese Orte 75 Jahre später aus? Der amerikanisch-jüdische Künstler Jason Francisco hat sich dieser Frage gestellt und ist ins frühere Ostgalizien (heute West-Ukraine) gereist. Er hat die Orte des früheren jüdischen Lebens besucht und auch die der Schoah. Ehemalige Synagogen wurden zu Wohnhäusern, Friedhöfe zu Sportplätzen. Konzentrationslager sind heute Gefängnisse. Erschießungsorte mit Massengräbern liegen vergessen und nicht gekennzeichnet im Wald.

Doch was für eine Region verbirgt sich überhaupt hinter dem Namen Galizien? Es tauchte 1772 erstmalig als Königreich “Galizien und Lodomerien” auf und gehörte bis 1918 zur Habsburger Monarchie. Es war stark multiethnisch geprägt, das schlug sich auch in den Namensvielfalt der damaligen Hauptstadt Lemberg (heute: Lwiw)  nieder. Auf Ukrainisch Lwiw, auf Polnisch Lwów,  auf Russisch Lwow und auf Jiddisch Lemberik. Nach 1918 wurde Galizien zwischen Polen und der sowjetischen Ukraine aufgeteilt. 650.000 Juden lebten 1939 in Ostgalizien, etwa 85% von ihnen wurden während der Schoah ermordet. In manchen Städten Galiziens stellten Juden 1939 sogar die Mehrheit der Bevölkerung; im Gesamtdurchschnitt hatten sie einen Bevölkerungsanteil von 13 %.

An den Orten dieser untergegangen jüdischen Welt leben wieder Menschen. Doch sie leben in ihren eigenen, vorwiegend ukrainisch-christlichen, Welten und scheinen kein Bewusstsein für die jüdischen Hinterlassenschaften zu haben. Diese unterschiedlichen Welten und die menschenleere jüdische Welt unterstreicht Francisco auch durch den Verzicht auf Menschen in den gezeigten Bildern.

 „How long should I go out discovering the East is built on sand and bones?“ – The Mourner (ein von Francisco geschaffenes Alter-Ego)

Der eigentliche Maler Francisco dokumentierte die oftmals vergessenen Orte altmodisch mit einer Großformat-Kamera. Die Arbeit mit einer solchen Kamera unterscheidet sich stark von modernen Digitalkameras, weshalb er es mehr mit einer Art Meditation vergleicht. Ein jedes Bild musste in Ruhe erarbeitet werden. An guten Tagen schaffte er zehn Bilder. Diese Besinnung auf die Langsamkeit fordert auch vom Betrachter der Bilder ein. Seine Eindrücke erinnerten mich stark an meine Erfahrungen aus den kleineren Ortschaften im heutigen Ost-Polen. Dort wird der jüdischen Geschichte ein ähnlich geringer Stellenwert beigemessen.

 

Die Ausstellung wird im Gerhart-Hauptmann-Haus gezeigt. Normalerweise ist sie Teil der Dauerausstellung des aktuell in Renovierung befindlichen Galizisch-Jüdischen Museums in Krakau. Der Künstler selbst lobte die sehr weitläufige und gelungene Präsentation seiner Bilder. Die Ausstellung findet in Kooperation mit der Alten Synagoge in Essen statt.

Wer es nicht nach Düsseldorf schafft findet coolerweise auch viele Bilder online auf der Seite von Jason Francisco!

Die Ausstellung ist vom 12. April bis zum 18. Mai  2018 während folgender Öffnungszeiten zu sehen:

Mo und Mi     10.00 – 17.00 Uhr

Di und Do      10.00 – 19.00 Uhr

Fr                    10.00 – 14.00 Uhr

Sa                    auf Anfrage

Sonn- und feiertags geschlossen

Eintritt frei

 

Adresse des Gerhart-Hauptmann-Hauses:

Bismarckstraße 90 (Nur 5 Minuten vom HBF!)

40210 Düsseldorf