Pobeda, nie gehört? Macht nichts! Dieses russische Wort wird euch vielleicht dieses Jahr begegnen, zumindest wenn ihr zur Fußball-WM 2018 nach Russland fliegen wollt. Die gleichnamige Billigtochter der russischen Staatsairline Aeroflot bietet günstige Flüge aus Deutschland an. Ich stieß auch auf sie, als ich letztes Jahr meine Reise nach Perm plante.
Pobeda bedeutet auf Deutsch „Sieg“. Der Name der Airline schien mir mit diesem Wissen zwar etwas seltsam, aber ich habe mir nichts weiter dabei gedacht. Im Land wurde mir dann aber schnell klar, auf welchen Sieg man mit diesem Namen Bezug nehmen möchte. Es ist der Sieg über den Faschismus im Jahr 1945, der besonders seit dem 70. Jahrestag im Jahr 2015 wieder sehr präsent in der russischen Erinnerungskultur ist. Die Airline existiert auch erst seit Dezember 2014 unter diesem Namen.
Im Permer Straßenbild wurde mir die Bedeutung dieses historischen Sieges in der kollektiven Erinnerung auch überdeutlich bewusst. Wenige hundert Meter von unserem Hostel befindet sich das Ehrenmal der Freiwilligen Panzerdivision aus Perm. Es wurde 1963 errichtet. Dort befinden sich auch mehrere Tafeln auf denen alle Helden der Sowjetunion (Герой Советского Союза) aus Perm verzeichnet sind. Fußläufig in entgegengesetzter Richtung befindet sich eine 2015 neu angebrachte Wandmalerei über der ein 122mm-Geschütz tront. Die Malerei ist beschriftet mit „Von Moskau bis Berlin!“ (От Москвы до Берлина) und „Perm. Ich schwöre, mich daran zu erinnern.“ (Пермь. Клянемся помнить).
Für mich war vor allem war auch der Wandel von klassischen sowjetischen Ehrenmälern zu modernen Wandmalereien oder Autoaufklebern spannend. Auch die in der Breschnew-Ära geprägte Bezeichnung als Großer Vaterländischer Krieg scheint mir aus der Mode zu kommen. Die Erinnerung wird nur noch auf der Ergebnis reduziert: den Sieg.
Es bleibt abzuwarten, wie sich dort in einigen Jahren an die Fußball-WM im eigenen Land erinnert wird. Vielleicht gibt es ja ein fußballerisches Wunder der russischen Nationalmannschaft! Die Fußballweltmeisterschaft heißt übrigens Chempionat mira po futbolu (Чемпионат мира по футболу).
Eine Fluglinie Pobeda zu nennen… da gehört schon ein gehöriger Batzen Nationalismus dazu 😀
Aber wie würdest du die Nutzung des Worts heute einschätzen? “Großer Vaterländischer Krieg” hatte doch, wenn ich mich recht entsinne, auch nach dem Ende der Sowjetunion eine recht sowjet-nostalgische Note, oder? Schwingt beim Wort Pobeda auch noch Sowjetpatriotismus mit?
Da schwingt definitiv eine riesige Portion Sowjetunion mit. Besonders deutlich wird es beim seit 2005 verbreiteten St. Georgs-Band. (Mehr Infos: https://www.dekoder.org/de/gnose/st%C2%A0-georgs-band) Und die Ukraine feiert seit 2005 am 8. und 9. Mai, da wird auch schön die Konkurrenz der Narrative deutlich.