Mit diesem Beitrag möchte ich etwas Werbung in eigener Sache machen. Letztes Winter- und Sommersemester war ich an zwei Seminaren beteiligt, in denen eine simple App für Geschichtsrundgänge entwickelt wurde. Unser Ziel war es, die App offen zu gestalten, damit sie auch in anderen Städten (außer Düsseldorf) und an anderen Universitäten genutzt werden kann. Das ganze basiert, wie dieser Blog, auf WordPress und einem dafür programmierten Plugin.
Stellt euch vor ihr macht in euren Semesterferien ein dreimonatiges Vollzeitpraktikum im Digitalmarketing eines mittelständischen Unternehmens. Davon verbringt ihr aufgrund von Schreibtischmangel auch eine geraume Zeit im Büro der Anwendungsentwickler, immerhin das einzige mit Klimaanlage. Es war also nicht der schlimmste Ort für ein Praktikum im Sommer. Zu den Kunden des Unternehmens gehörten diverse Industrieunternehmen für die Planungsapps oder Apps für Messepräsentationen entwickelt wurden. So habt ihr mitbekommen, welch abstruse Vorstellungen Kunden teilweise an die Funktionalitäten von Apps haben, obwohl sie selbst Python ausschließlich für eine Schlangenart halten. (Wer sich an dieser Stelle ertappt fühlt, kann die Wissenslücke hier schließen.)
Genau diese Voraussetzungen hatte ich, als ich nach den Semesterferien wieder ins Semester gestartet bin und ein Digitalhistory Seminar mit dem Titel „Spurensuche mit dem Smartphone – Erinnerungsorte nationalsozialistischer Geschichte in Düsseldorf“ wählte. Im Seminar machte sich eine bunt gemischte Gruppe von Bachelor- und Masterstudierenden mit ganz unterschiedlichem Digitalwissen auf, eine App für historische Stadtrundgänge zu entwickeln. Glücklicherweise unterstützte uns die Universität Köln und stellte uns den Informatiker David Neugebauer zu Verfügung. Die Ausgangslage konnte man also, bis auf den üblichen chronischen Geldmangel, als gut bezeichnen.
Von der Flipchart in die App
Im gesamten ersten Semester ging es darum unseren grundlegenden Anforderungskatalog an die App zu erstellen. Dafür untersuchten wir die bisher verfügbaren Apps auf ihre Stärken und Schwächen. Das Design entstand anhand unserer großartigen Skizzen auf Tafel und Flipchart.
Schon jetzt zeichnete sich das Ziel ab, eine ortsunabhängige App für Geschichtsrundgänge zu entwickeln, die sich leicht über eine grafische Oberfläche mit Inhalten für unterschiedliche Touren befüllen lässt. Wir wollten historisch interessierten Menschen ein Werkzeug an die Hand geben, mit denen sie selbst möglichst unkompliziert ihre Touren zur Wissensvermittlung erstellen können.
Das zweite Semester war geprägt von inhaltlicher Arbeit. Da wir unser erstes Touren-Set zum Thema „Düsseldorf im Nationalsozialismus“ erstellten, begann sich die Kooperation mit Stadtarchiv Düsseldorf und der Mahn- und Gedenkstätte in diesem Projektabschnitt zu vertiefen. Nach den ausgiebigen Archivrecherchen entstanden erste Rohtexte der Touren, die wir in zwei Review Runden noch schliffen. Außerdem führten wir Proberundgänge auf den Touren durch, um mögliche Probleme zu erkennen und die Barrierefreiheit zu gewährleisten. Am Ende der Phase stand dann endlich die Benutzung unserer Schnittstelle um unsere Texte in die App einzupflegen. Zur visuellen Anreicherung unserer Touren haben uns die Archive beider Kooperationspartner dankenswerterweise viel Bildmaterial zur Verfügung gestellt.
Endlich: Der Releasetermin
Am 11. Juli diesen Jahres war es dann endlich so weit: Die offizelle Release Veranstaltung, vorerst leider nur für die Android Version, im Haus der Universität stand an und ich hatte die Ehre sie zu moderieren. Eine Aufregende Erfahrung, schließlich hatte ich das letzte Mal mit 15 Jahren, damals zu Piratenpartei Zeiten, in so einem großen Saal auf der Bühne gestanden. Durch viel manuelles Testing konnten wir vorher noch verschiedene kleinere Bugs finden und beheben. Auch unsere amateurhafte Pressearbeit trug Früchte. Wir führten einige Tage vor dem Releasetermin einen gut besuchten Presserundgang durch und konnten so beispielsweise Berichte im WDR und der Rheinischen Post generieren.
Aktueller Status
Erfreulicherweise fand die App schnell Anklag, sowohl auf Nutzerseite als auch in der historischen Welt. Auf Nutzerseite verzeichnen wir bereits über 1000 Downloads im Playstore, was bei diesem sehr speziellen und regionalen Thema sehr zufriedenstellend ist. In der historischen Welt fanden bereits zwei Adaptionen statt. Der Lehrstuhl für Globalgeschichte entwickelte eigene Touren für Düsseldorf und pflegte sie in die App ein. Außerdem war auch das Stadtarchiv Hilden aktiv und arbeitete eine bereits vorhandene Stadtrallye für die App auf. Im aktuellen Wintersemester läuft ein Seminar mit dem Titel „Von der Residenzstadt zur Großstadt – Die Stadtentwicklung Düsseldorfs als digitale Stadtführung für das Smartphone“, daraus wird ein weiteres Set mit unterschiedlichen Touren hervorgehen.
Gerade frisch wurde die iOS Version veröffentlicht und der Sourcecode von beiden Apps und der Schnittstelle auf Github veröffentlich.
Infos zur App findet ihr hier: https://historia-app.de/
HistoriaApp im App Store:
Schreibe den ersten Kommentar