Zum Inhalt

Digitale Kompetenzen – Wo soll man sie lernen?

Zuletzt schrieb ich ja bereits über den Personalmangel bei den Digitalfachkräften.  Einer, der von mir aufgeführten Gründe, war schlichtweg fehlende Ausbildung von qualifiziertem Personal, um die vielen offenen Stellen zu besetzen.

Definition “Digitalkompetenz”

In meinen Augen ist es die Möglichkeit kompetenter, selbstbestimmter Teilhabe an der digitalisierten Welt. Dafür muss man verstehen wie Software oder soziale Netzwerke funktionieren, um sie aufgeklärt nutzen zu können. Also um Kant zu bemühen:

Digitalkompetenz ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich  digitaler Medien ohne Leitung eines Andern zu bedienen.

Also: Wo soll man digitale Kompetenzen lernen?

Da denkt man spontan an klassische Orte der Bildung: Schulen, Berufsschulen, Hochschulen.

Doch wie sieht dort der Status Quo aus? Man lernt essentielle Dinge wie Gedichtanalyse, Geometrie und den Umgang mit wissenschaftlicher Literatur. Doch lernt man auch, zumindest im Groben, dass soziale Netzwerke von Algorithmen gesteuert werden?  Ich selbst kann leider nur für die  Bildung an Gymnasien und Hochschulen sprechen, aber fühlt euch frei, mir in den Kommentaren Input zu liefern.

 

Mann starrt verzweifelt auf seinen Laptop
Digitalfachkräfte verzweifelt gesucht

Alte Lehrer, alte Methoden am Gymnasium

Die Situation am Gymnasium beschreibt diese kleine Anekdote, aus meiner erst kurz zurückliegenden Schulzeit, sehr gut: Für die Schule wurde ein Kommunikations- und E-Learning-System aufgesetzt. Soweit eine nette, fortschrittliche Idee. Jeder Schüler bekam eine Nutzerkennung und ein Passwort auf Papier ausgehändigt. Das Passwort bestand nun aus dem Nachnamen, bei Bedarf mit Zahlen aufgefüllt, um die Mindestlänge von 8 Zeichen zu erfüllen. Ich habe nach einigen Monaten zum Spaß die Kennungen unserer Schulsozialarbeiter eingegeben und stellte fest, dass diese ihre Passwörter nicht geändert hatten. Zum Glück nutzte niemand ernsthaft das System, sonst hätte ich Zugriff auf vertrauliche Daten gehabt. Die gefundene Sicherheitslücke teilte ich, dem als “Administrator” zuständigen, Lehrer freundlich mit und er antwortete lediglich mit: „Das hat dir gar nicht aufzufallen.“. Damit war das Problem für ihn gelöst.

Entsprechend war auch der Informatikunterricht. Dort wir haben immerhin HTML Grundzüge gelernt, aber im Jahr 2009 mit Visual Basic 6 programmiert.D diese Programmierumgebung war damals bereits elf Jahre alt. Zur gleichen Zeit lernte meine Freundin an einem anderen Gymnasium bereits C++. Zum Glück hat das Thema mittlerweile in die Lehrerausbildung Einzug gehalten, doch leider werden noch viele Jahre vergehen, bis die ersten Schüler, der neuen Lehrergeneration, ihre Abschlüsse machen.

 

Die Hochschulen wachen auf

Wie sieht die Situation an staatlichen Hochschulen aus? Ich mache es kurz: Der Professor scheitert an der Verbindung seines Laptops mit dem Beamer im Hörsaal und überlässt die Aufgabe lieber einer studentischen Hilfskraft. Ganz nebenbei wird in Düsseldorf der Studiengang „Informationswissenschaft“ gestrichen. Der Studiengang hat mir zwar auch viel Kopfschütteln bereitet, doch konnte ich ein paar neue Kompetenzen mitnehmen. Das Niveau ist jedoch insgesamt relativ niedrig. Die HTML-Kurse bewegten sich beispielsweise auf dem Niveau meiner Schulzeit. Doch diese Problematik entspringt eher dem Bachelorstudium, das innerhalb von drei Jahren Studenten mit komplett unterschiedlichem Vorwissen abholen musste.

Im Geschichtsstudium hat das Thema auch Einzug gehalten. Im letzten Wintersemester gab es bei mir an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf die Seminare „Digital-History: Anwendungen, Möglichkeiten, Grenzen“ und „Spurensuche mit dem Smartphone. Erinnerungsorte nationalsozialistischer Geschichte in Düsseldorf“. In letzterem entwickeln die Studenten eigenständig einen App-gestützten Stadtrundgang durch Düsseldorf. Unterstützt werden sie dabei von einem eingekauften Programmierer, den sie auf ihre Ideen briefen mussten.

 

Digitalexperte als duale Ausbildung?

Dann gäbe es da noch die Industrie- und Handelskammern, dort kochen die Digitalthemen aktuell auch hoch. Von ihnen scheint es aktuell keine Bemühungen zu geben, eine geregelte Ausbildung, beispielsweise zum „Kaufmann für Social Media“ oder etwas ähnliches, zu definieren. Die Rolle der IHK in Sachen Digitalisierung ausführlich zu behandeln, wäre jedoch eine Idee für einen weiteren Artikel.

Fazit

Die Schule hat das Thema bei mir vollständig verpennt. An der Hochschule zieht das Thema sowohl im Lehramt als auch in den Geisteswissenschaften langsam in die Vorlesungsverzeichnisse ein. Dies leider oft in Form von Wahlpflichtmodulen, sodass es immer noch möglich ist, komplett digital inkompetent von der Hochschule zu kommen. In meinen Augen sollten Digitalthemen zu den Kernkompetenzen im Zentrum jeglichen Lehrplans zählen und es unmöglich sein, sie aus dem persönlichen Stundenplan zu streichen.

 

Published inDigitale Wirtschaft

Schreibe den ersten Kommentar

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.