Zum Inhalt

Schlagwort: holocaust

Hallo Geschichte 02/2018

Hallo,

diesen Newsletter schreibe ich aus dem ICE nach Berlin. Zwischen re:publica Heimkehr am Freitagabend und meiner heutigen Abreise, blieb bisher leider keine Zeit für den Newsletter. Immerhin konnte gerade das letzte Heimspiel meiner geliebten Fortuna über Sky Go verfolgen! Yes! (Zum Glück funktioniert das WLAN.)
Von Berlin aus geht es über Nacht mit dem Bus weiter an mein Ziel: Minsk. Dort werde ich die nächste Woche verbringen und mich mit der weißrussischen Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg und den Holocaust beschäftigen. Dazu besuche ich unter anderem das ehemalige Vernichtungslager Maly Trostinez und die Parade zum “Tag des Sieges” am 9. Mai.

Du kanntest Maly Trostinez bisher nicht und wunderst dich, dass in Minsk das Kriegsende am 9. Mai gefeiert wird? Diese Fragen möchte ich dir mit diesem Newsletter beantworten und habe entsprechende Artikel zusammengestellt.

Wie immer: Feedback und Fragen einfach über einen Kanal deiner Wahl an mich senden.

Viel Spaß beim Lesen und noch einen schönen Sonntag, bevor morgen die Arbeitswoche wieder beginnt!

Dein
Gero

Was bedeutet der “Tag des Sieges” in den post-sowjetischen Staaten? 
Kurze Erklärung zur Relevanz und der Geschichte des Kultes um den “Tag des Sieges”. Vor allem wichtig: Dieser Feiertag ist in vielen Ländern der Einzige mit klar sowjetischer Tradition, der noch gefeiert wird.
Das unbekannte Vernichtungslager Maly Trostinez
In diesem frühen Vernichtungslager wurden zwischen 1941 und 1944 40.000 bis 60.000 Menschen ermordet. Eine großer Teil der Opfer waren Juden aus Wien. Deshalb ist die Erinnerung an diesen Ort in Österreich viel lebendiger als in Deutschland. Seit 2017 entsteht dort endlich ein Gedenkort der wissenschaftlichen Standards entspricht.
Die Allgegenwärtigkeit des Sieges (Pobeda) im öffentlichen Raum
In diesem älteren Artikel habe ich anhand von einigen Beispielen und Fotos gezeigt, wie präsent die Erinnerung an den zweiten Weltkrieg im russischen Bewusstsein ist.

Ausstellungsbesuch: „Ein unendliches Gedenken – Jüdisches Erbe und die Schoah in Ostgalizien“

Was bleibt übrig, wenn die gesamte Bevölkerung einer florierenden jüdischen Gemeinde ausgelöscht wird? Wie sehen diese Orte 75 Jahre später aus? Der amerikanisch-jüdische Künstler Jason Francisco hat sich dieser Frage gestellt und ist ins frühere Ostgalizien (heute West-Ukraine) gereist. Er hat die Orte des früheren jüdischen Lebens besucht und auch die der Schoah. Ehemalige Synagogen wurden zu Wohnhäusern, Friedhöfe zu Sportplätzen. Konzentrationslager sind heute Gefängnisse. Erschießungsorte mit Massengräbern liegen vergessen und nicht gekennzeichnet im Wald.

Doch was für eine Region verbirgt sich überhaupt hinter dem Namen Galizien? Es tauchte 1772 erstmalig als Königreich “Galizien und Lodomerien” auf und gehörte bis 1918 zur Habsburger Monarchie. Es war stark multiethnisch geprägt, das schlug sich auch in den Namensvielfalt der damaligen Hauptstadt Lemberg (heute: Lwiw)  nieder. Auf Ukrainisch Lwiw, auf Polnisch Lwów,  auf Russisch Lwow und auf Jiddisch Lemberik. Nach 1918 wurde Galizien zwischen Polen und der sowjetischen Ukraine aufgeteilt. 650.000 Juden lebten 1939 in Ostgalizien, etwa 85% von ihnen wurden während der Schoah ermordet. In manchen Städten Galiziens stellten Juden 1939 sogar die Mehrheit der Bevölkerung; im Gesamtdurchschnitt hatten sie einen Bevölkerungsanteil von 13 %.

5 sehenswerte Filme über die Vielfalt des Gedenkens an den Holocaust

Da ich nächste Woche vom 21. bis zum 25. März zum zweiten Mal in meinem Leben nach Oświęcim bzw. Auschwitz reise, habe ich mich wieder mehr mit dem Thema beschäftigt. Dabei bin ich auf viele neue Filme gestoßen, von denen ich euch fünf ans Herz legen möchte. Natürlich sind auch ältere Filme wie der neunstündige Shoah von Claude Lanzmann oder Pizza in Auschwitz (nur eine Stunde!) sehenswert.

Solltet ihr aber gerade gar keine Zeit und erst Recht keine neun Stunden haben, vertraut mir und schaut zumindest den ersten Film!

Erster Filmtipp: #uploading_holocaust

Der 2016 erschienene Film ist jetzt seit Januar endlich auf Youtube frei verfügbar. Dieses ziemlich coole Projekt hat keinerlei neues Material gedreht, sondern auf Youtube vorhandene Filme gesammelt und zusammengeschnitten. Das Material stammt von israelischen Schulklassen, die eine staatlich geförderte „Reise nach Polen“ unternommen haben. Diese Reise unternehmen jedes Jahr 30.000 israelische Schüler*innen zusammen mit ihren Lehrer*innen. So entstanden über die Jahre ca. 20.000 Youtube-Clips, die jetzt super spannende Einblicke in die Gefühle und Gedanken der Jugendlichen geben.

Sie fragen eine mit ihnen reisende Überlebende „Warum seid ihr nicht geflohen?“ und bekommen darauf eine seelenruhige, fast schon verständnisvolle, Antwort. Andere Jugendliche diskutieren mit ihren Freunden, dass es sie stört, dass sie beim Besuch der Gedenkstätte Majdanek keine Betroffenheit bei sich spüren.

Zusätzlich zum Film gibt es ein gleichnamiges Online-Bildungsangebot. Hier konnten deutscher Schüler*innen Fragen wie „Haben Israelis immer noch Vorurteile gegen uns?“ stellen und erhielten eine Antwort aus Israel.